Kann es wirklich sein, dass wir uns im Deutschen so etwas wie ‚vergendert‘ haben? Machen Sie sich bitte ihren eigenen Eindruck:

Olympiade Paris 2024

Das erste Audio zeigt unsere heutige Sprache, wie sie sich gerade im Rundfunk durchsetzt. Hier eine Live-Übertragungen der Olypmpia-Eröffnungsfeier 2024 in Frankreich. Nur die Audiospur, davon nur 40 Sek. von insgesamt 4:06.25 Stunden. Darin genannt 14 Nomina Agentis, also Namen für handelnde Menschen: Zuschauer, Athlethen, Schwimmer, Medaillienträger, Sportler, Kollegen, Journalisten und Franzosen.

Nomina Agentis in einer Olympia-Eröffnungsfeier-Übertragung 2024
(Angaben zu Foto1 und Audio2 siehe unten)

Als zweites Beispiel die wahrscheinlich schlimmste Rede, die je auf deutschsprachigem Boden gehalten wurden, die Totale-Kriegs-Rede Goebbels.
Natürlich sind auch hier Nomina Agentis, 3 in der Ansprache, 5 wie oben im Fließtext:
Volksgenossen, Nationalsozialisten, Arbeiter und Bürger.
Hören Sie bitte, wie Goebbels sie formuliert.

Nomina Agentis in Goebbels Totale-Kriegs-Rede,
(Angaben zu Foto3 und Audio4 siehe unten)

Wie ist ihr Eindruck?
Die meisten reagieren relativierend, beschwichtigend, oder als hätten sie das schon lange gewußt.
Es aber nicht so war.
Reaktionen, die die „kognitive Dissoziation“ gut kennt: es kann doch nicht sein, was nicht sein darf.

Wenn wir aber den Sprachenstreit lösen wollen, müssen wir ihn verstehen.
Um ihn zu verstehen, müssen wir uns Realitäten stellen.
Selbst, wenn das Unerhörte kaum zu ertragen ist:
Seit wenigen Jahren sprechen wir im ÖRR dieselbe Sprache, mit der Goebbels das Volk in den Totalen Krieg führte.

Aber: ist es denn wirklich so schlimm, dass dieser furchtbare Mensche Goebbels damals immerhin eine gerechte Sprache sprach?
Ist Vegetarier sein oder Nichtrauchen schlimm, nur weil der schlimmste Massenmörder Hitler vegetarisch lebte und Rauchen verabscheute?

Nein, wir sollten uns an dem orientieren, was IST, und nicht an dem, was wir denken und glauben:

  • Die Sprache, um die es da geht, leitet Frauen sprachlich von Männern ab. Was wir „gerechte Sprache“ nennen, ist rein von den Fakten her das Gegenteil, sie ordnet Frauen Männern unter. Was gut zum Menschenbild der Nazis passte, aber doch nicht unserem?
  • Ein weiterer Abgrund in dieser Sprache: Sie verbindet nicht, sondern trennt. So haben wir seit wenigen Jahren eine Sprache, die Menschen, die weder als Junge noch als Mädchen, sondern intersexuell auf die Welt kamen, durch Nichtnennung diskriminiert5. So gingen Nazis mit Menschen um, aber doch nicht wir?
  • Die wirklich problematischste Seite aber: Jede einzelne Doppelnennung, also die Bürgerin und der als rein männlich interpretierte Bürger, zerstört durch eine innere Logik die ursprünglichen Oberbegriffe, hier den „Bürger“. Es geht um alle ca. 15.000 Nomina Agentis6, von Arbeiter bis Zauberer, die gerade langsam, aber sicher aus unserer Sprache gedrängt werden.
    Hier liegt der eigentliche Grund, wieso so viele Menschen den Kopf über die „Gendersprache“ schütteln und zum Teil sogar eine AfD wählen, die die alte Sprache zurück verspricht. Mit ihrer Empörung gegen die „Grünen, die Woken und den Feminismus“ gehen sie erfolgreich aus Stimmenfang, dabei startete ausgerechnet ihr eigenes mehr oder weniger heimliches Idol diese Zersetzung schon vor 80 Jahren per Volksempfänger.

Die so zerstörten Oberbegriffe stammen aus einer Zeit, als unsere „germanische Sprachfamilie“, also das Englische, Niederländische, Dänische, Schwedische, Norwegische und Isländische noch mit uns zusammen in einer Sprache vereint waren.
Wie schafften es unsere Geschwistersprachen, ihre so wertvollen Nomina Agentis zu bewahren, während wir bereit sind, sie aufgrund unbewiesener Behauptungen zu opfern? Und damit riskieren, dass 140 Millionen Deutschsprachige das Gefühl bekommen, ihrer Sprache beraubt zu werden und Demokratiefeinde zu wählen?

Wo ist hier noch oben und unten, wo rechts und links, wo richtig und falsch?

Ja, die deutsche Sprache hat sich vergendert.
Aber nicht erst seit 1984, sondern schon früher.
Ganz bestimmt auch schon vor Hitlers erster dokumentierter Doppelnennung 1922.

Seien Sie gespannt auf die nächsten Seiten, mit einer Frage und einem Ziel:

Herausfinden, wie der Sprachenstreit entstand, um ihn zu beenden.

Fußnoten:

  1. Fackellauf bei den Olympischen Spielen in Paris (Ausschnitt) von Marco Verch (Quelle: ccnull.de), lizenziert unter CC BY ↩︎
  2. Zitatquelle ($\S 51$ UrhG): Kommentar zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele Paris 2024, Eurosport/TNT Sports (Live-Übertragung vom 26.07.2024).
    Zweck des Zitats: Vergleich der Häufigkeit von Doppelnennungen im Deutschen.
    Original: [Link: https://www.youtube.com/watch?v=CxWPCmksPqU]
    Ausgeschnitten wurden 14 über das ganze Dokument verteilte Passagen ↩︎
  3. Reichspropagandaminister Goebbels: Bundesarchiv, Bild 102-17049 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0 ↩︎
  4. Lizenzrechtliche Audiodatei der Rede Goebbels: Urheberrecht 2015, 70 Jahre nach Goebbels‘ Tod, abgelaufen.
    Original: [Link: https://archive.org/details/JosephGoebbels-Sportpalastrede],
    Ausgeschnitten wurden 8 zitierte Passagen, über das gesamte Dokument verteilt ↩︎
  5. In Doppelnennungen, wie z.B. „Bürger und Bürgerinnen“, werden die vom BVG 2017 vor Diskriminierung geschützten intersexuellen Menschen ausgeschlossen, eine starke Diskriminierung. ↩︎
  6. Namen für Handelnde (Latein: nomen, pl. nomina = Namen, agens, agentis = handelnd) ↩︎