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Überblick
Wie unsere Sprache dahin kam, wo sie heute steht.
Eine unglückliche Verkettung von Trauma, Propaganda und Streben nach Gerechtigkeit
Auf beiden Seiten des Sprachenstreits haben viele erkannt, dass der aktuelle Weg keine Lösung bringt.
Wie aber sind wir dorthin geraten, wo doch all unsere Geschwistersprachen mit einem klaren Schnitt eine Lösung fanden, die sich sowohl gut spricht als auch gerecht ist?
Wenn ein ganzer Sprachraum einen so eigenartigen Weg ging, müssen dort zu dieser Zeit besondere Lebensbedingungen geherrscht haben.
Im Fall der deutschen Sprache, besonders im Bezug auf die Nennung von Geschlechtern, geht es aber statt um Vulkanismus und Nahrungsangebot eher um Dinge, die unsere Sprache beeinflussten. Das ist vor allem unsere soziale, kulturelle und politische „Umgebung“; sie prägt unser Zusammenleben und unsere Sprache.
Der stärkste Einfluß dürfte natürlich vom Feminismus ausgehen, dessen Linguistik sich dem Ziel verschrieb, Sprache zu verändern. Im Gegensatz zur evolutionären Anpassung der Finken, die Schnäbel auf natürliche Art ihrem Umfeld anpassten, wurde hier bewusst eingegriffen. Der Baum der Sprache durfte nicht mehr natürlich wachsen, die feministische Linguistik stutzte ihn per Säge so zurecht, wie es ihr sinnvoll schien.
Der Einfluß der sexualisierten Sprache der Nazis auf unsere Sprache liegt dagegen noch völlig im Dunkeln.
Leider wanderte die finanzielle Unterstützung der Sprachwissenschaft in den letzten Jahrzehnten zur „Genderlinguistik“, die aber um den Zusammenhang zwischen ‚ihrer‘ Genderspache und der sexualisierenden Sprache der Nazis, zwei unterschiedliche Begriffe für dieselbe Sprachform, einen riesigen Bogen machte.
Wir wissen also wenig über diesen Zusammenhang, gleichzeitig ist aber angesichts der Milliarden Rezeptionsvorgänge von Doppelnennungen über den Volksempfänger auszuschließen, dass diese Sprache keinen Niederschlag bei der Bevölkerung fand. Vor allem angesichts der Rollenverteilung von Sprechern und Hörern: während die Sprecher einen halbgottartigen Status hatten, nahmen viele — gleichgeschaltet wie sie waren — deren Sprache auf wie in Stein gemeißelte Wahrheit. Die Sprache fand so jenseits jeder Kritik leichter und tiefer, direkt ins Sprachverständnis des Volkes.
Dennoch gibt es neben diesen beiden starken Triebfedern für die Sprache mit den „-innen“ und den damit verbundenen zwiespältigen Doppelnennungen deutliche Hinweise, dass diese Triebfedern des 20sten Jahrhunderts nicht ursächlich für die heutige Gendersprache waren.
Schon deutlich vor deren massiver Verbreitung ab 1933 sprach Friedrich Ebert die Doppelnennungen schon 30 Jahre zuvor nicht nur in Ansprachen, sondern auch im Fließtext1, Goethe sogar über 100 Jahre zuvor.2
Dazu kommt die schlichte Realität der Sackgasse, in der sich die deutsche Sprache gerade befindet, und unser Wissen, dass sich Sprache nicht grundlos in irgendwelche Richtungen, erst recht nicht in solch paradoxe, entwickelt. Wenn sich das Deutsche als einzige der 7 germanischen Sprachen dorthin entwickelte, bevorzugt Feminina und Doppelnennungen zu verwenden, dann sollte das den Regeln solcher evolutionärer Prozesse nach auch einen Grund haben. Ein Grund, der einen klaren Geschlechtsbezug haben musste.
Wahrscheinlich noch vor der Aufklärungszeit, denn aus dieser Zeit berichtet die gewöhnlich gut recherchierende Autorin Angela Steidele von einer wahren Blütezeit der ‚Feminina‘ und Doppelnennungen3
Und tatsächlich brauchen wir hier nicht weit zu suchen; im Grunde finden wir in der Zeit direkt vor der Aufklärung auf eine Phase unserer Entwicklung, zu der eigentlich alle postulierten Dinge passen.
Es geht um die Zeit der Hexenverbrennungen4, also die Zeit direkt vor der Aufklärung und mit dieser in einer ursächlichen Beziehung stehend5.
Ausgerechnet in deutschsprachigen Regionen traf das furchtbare Morden vor allem Frauen; in Ländern wie Spanien, Portugal, vielen baltischen und skandinavischen Regionen war das nicht so. Hier waren praktisch 4 von 5 Hingerichteten Frauen.
Dazu kommt, dass von den insgesamt heute vermuteten 50.000 Hingerichteten ungefähr 40% auf deutschsprachigem Boden passierten, während dort aber gerade mal 15%6 der europäischen Bevölkerung lebten.
Die erste Zahl dokumentiert den Geschlechtsbezug, die zweite eine besonders hohe emotionale Betroffenheit in unserer Region. Das sind genau die beiden „Umweltfaktoren“, die es für eine solche sprachliche Entwicklung braucht, wie wir sie bei uns gerade beobachten müssen.
Wir haben also drei Prozesse, die unseren Weg in die Sackgasse erklären.
Der erste ist nur vermutet, die beiden anderen belegt:
- eine sprachliche Meliorisierung7 der Feminina und Doppelnennungen aus der traumatischen Zeit der Hexenverfolgung, und vor allem aus dem langjährigen verzweifelten Kampf dagegen
- ihr strategischer Einsatz durch die Nazis, um gewählt zu werden und das Volk in ihre Richtung Spaltung und Zerstörung zu führen
- ihre Einforderung durch die Feministische Linguistik für die sprachliche Gleichberechtigung, obwohl diese Begriffe die Ungleichheit in ihrer Grundstruktur tragen. Tragischerweise fiel der Enschluß für diesen Weg8 offensichtlich, ohne sich der vorigen Prozesse bewußt zu sein.
Wenn die Feminina und Doppelnennungen in der deutschen Sprache einen besonderen Schutzmantel besitzen, dann müssten Fasern sein, aus denen dieser Unangreifbarkeitsmantel gewoben ist.
Der Mantel also, den nur die deutschen „-innen“s hatten, nicht aber die analogen Feminina unserer Geschwistersprachen, also z.B. das „-ress“ im Englischen, oder das „-inna“ im Schwedischen.
Während unsere Feminina blieben und nun gerade die Oberbegriffe, aus denen sie stammen, zerstören, verschwanden sie aus unseren Geschwistersprachen. Vielleicht sogar aus genau diesem Grund: wegen ihres zerstörerischen Potentials, das unter ihrem respektvoll scheinenden Mantels schlummert: ihre vernichtende Auswirkung auf all die in unseren Sprachen so elementar wichtigen Nomina Agentis.
Auf den folgenden Seiten werden diese drei Fasern genauer untersucht. Seien Sie herzlich eingeladen zu diesem Ausflug in die linguistische Forensik, um dem Sterben unserer Oberbegriffe auf die Spur zu gehen.
Fußnoten:
- Aus Eberts Rede „Der Sinn der Maifeier“, berichtet von der „Bremer Bürgerzeitung: „daß wir heute eine unerwartet gewaltige Zahl von feiernden Arbeitern und Arbeiterinnen überschauen konnten.“ ↩︎
- In „Die Wahlverwandtschaften. Ein Roman.“ Erster Theil“ von 1809: „…Ich hatte selbst […] an manche tätige Freunde und Freundinnen geschrieben, und soviel ich weiß, blieb dies auch nicht ohne Wirkung.“ ↩︎
- Angela Steidele schreibt in ihrem wie bei ihr gewohnt auch sprachlich gut recherchierten Roman „Aufklärung“, der im liberalen Leipzig des 18. Jahrhunderts spielt, von Athenerinnen, Aufwärterinnen, Barbarinnen, Begleiterinnen, Enkelinnen, Erzherzoginnen, Französinnen, Freundinnen, Gattinnen, Gefährtinnen, Kindsmörderinnen, Krankenpflegerinnen, Kritikerinnen, Leserinnen, Musikerinnen, Patinnen, Preußinnen, Putzmacherinnen, Romanheldinnen, Sächsinnen, Sängerinnen, Schauspielerinnen, Tadlerinnen und Verwandtinnen, weiterhin von Bekanntinnen, Bürgerinnen, Bürgermeisterin. Klägerinnen, Rechtsanwältinnen und Richterinnen, Henkerin, Verbrecherin, Soldatinnen, sowie von der Bachin, den Bachinnen, der Gottschedin, der Neuberin, der Zäunemannin und der Zieglerin ↩︎
- Der besseren Lesbarkeit und der wissenschaftlichen Konvention folgend, werden Begriffe wie „Hexenverfolgung“ und „Hexenverbrennung“ im Fließtext ohne Anführungszeichen verwendet, obwohl sie implizit die Existenz des Delikts „Hexerei“ voraussetzen. Wissenschaftlich bezeichnen sie die historischen Prozesse und Hinrichtungen von Personen, die dieser Straftat fälschlicherweise beschuldigt wurden. ↩︎
- Die Aufklärungszeit kann verstanden werden als das ‚Einfahren der Ernte‘ des langen Kampfes der Unterdrückung der Vernunft und der Menschlichkeit in der Zeit davor. ↩︎
- Schätzung basierend auf dem Verhältnis der geschätzten Bevölkerung des Heiligen Römischen Reiches (HRR) (ca. 16-18 Millionen) zur Gesamtbevölkerung Europas (ca. 100-120 Millionen) um das Jahr 1600 ↩︎
- Meliorisierung = eine emotionale Aufwertung eines Begriffes, z.B.bei „Minister“ oder „Ambition“. Der Gegensatz ist Pejorisierung, eine Abwertung wie im Wort „Weib“. ↩︎
- Luise F. Pusch dazu, wie diese Entscheidung in den 1980er Jahren fiel ↩︎
